Mitgliedermagazin der Vereinigung Cockpit

Neue Grundlage für Drohnenbetrieb

Risikobewertung mit Hilfe von Specific Operations Risk Assessment (SORA)

23.03.2021 Flight Safety von AG UAS+

© Jacques Tarnero / Shutterstock

Zum Jahreswechsel sind zwei EU-Verordnungen in Kraft getreten, die den Betrieb von Drohnen in Europa unter ein einheitliches Regelwerk stellen. Weil dieser Bereich der Luftfahrt Neuland ist, kann der risikobasierte Ansatz der EASA erstmals von Beginn an umgesetzt werden.

Was aber heißt risikobasiert? Dieser Ansatz wird in Europa seit rund einem Jahrzehnt verfolgt. Man möchte weg von einer sturen Einhaltung detaillierter Regeln hin zu einer Definition von (Safety-)Zielen. Die Art und Weise, wie diese Ziele erreicht werden, liegt stärker als früher in der Verantwortung derer, die die Drohnen betreiben. Die Erreichung der Ziele soll dennoch messbar und damit von den Behörden überprüfbar sein.

Einteilung in drei Kategorien: Schnittstellen zur bemannten Luftfahrt

Der Betrieb von Drohnen wird nach den neuen Regularien in drei Kategorien eingeteilt: Die offene, die spezielle und die zertifizierte Kategorie. 

  • Die offene Kategorie umfasst den Betrieb innerhalb der Sichtweite und Verantwortlichkeit der Fernpilotinnen und -piloten mit entweder sehr leichten Drohnen oder buchstäblich auf dem Acker. Details dazu hatte Moritz Bürger in der VC Info 03/2019 dargestellt. Registrierungspflicht und Fernidentifikation sollen ermöglichen, die verantwortlichen Personen tatsächlich zu finden.
  • In die zertifizierte Kategorie fällt der Betrieb mit besonderen Risiken, wie der Transport von Menschen oder ein Flug mit großen Drohnen über Menschenansammlungen. Die Regeln hier werden denen der bemannten Luftfahrt in vielen Bereichen ähneln. 
  • In die spezielle Kategorie fällt alles, was in keine der beiden anderen passt.

Warum ist das für uns interessant? Erstens fallen sehr viele Anwendungen von Drohnen, die in der näheren Zukunft zu erwarten sind, in diesen Bereich. Darunter auch Vermessungsaufgaben und Überwachung in der Nähe von Flughäfen. Wir haben also ein Interesse daran, dass dieser Betrieb sicher stattfindet. Wir sehen an verschiedenen Stellen Möglichkeiten, unsere Erfahrungen einzubringen, um dieses Ziel zu erreichen, zum Beispiel in der Ausbildung: Während die neuen Kompetenznachweise für die offene Kategorie seit Jahresanfang erworben werden können, sind die Anforderungen für den Betrieb in der speziellen Kategorie aktuell noch kaum definiert. Ein anderer Bereich, in dem wir uns versuchen einzubringen, ist das Thema Bewusstsein. Wir möchten erreichen, dass sich Betreiberinnen und Betreiber von Drohnen als Teil der sicherheitsbewussten Luftfahrt verstehen.

Risikobewertung mit SORA

Zweitens wird im Rahmen des erforderlichen Genehmigungsprozesses eine Methode der Risikobewertung verwendet, die dem oben beschriebenen risikobasierten Ansatz entspricht und in Zukunft auch auf die bemannte Luftfahrt übertragen werden könnte. Die im Bereich Drohnen gesammelten Erfahrungen könnten uns also langfristig betreffen.

Die Methode der Risikobewertung nennt sich SORA: Specific Operations Risk Assessment. Sie umfasst einen mehrstufigen Prozess, in dem die mit dem Betrieb verbundenen Risiken und Maßnahmen, die das Risiko verringern, bewertet werden. Das Ergebnis dieses Prozesses ist die Grundlage für eine Betriebsgenehmigung durch die Luftfahrtbehörde am Firmensitz der Organisation, die die Drohne betreibt (die Aufteilung der Zuständigkeit zwischen Landesluftfahrtbehörden und dem LBA ist in Deutschland noch nicht abschließend geklärt).

In diesem Prozess wird allein die Safety bewertet. Themen wie Security, Anforderungen an die Privatsphäre oder den Umweltschutz sind zusätzlich zu betrachten. Der Ansatz geht von drei Schadensfällen aus: Personen am Boden kommen durch den Absturz einer Drohne zu Schaden, die Drohne kollidiert mit einem bemannten Luftfahrzeug oder Infrastruktur am Boden wird beschädigt. Aus der Kombination der Risiken für unbeteiligte Menschen am Boden (Ground Risk) und in der Luft (Air Risk) ergeben sich die Anforderungen an die Organisation, die die Drohne betreibt, die Crew sowie die technischen Anforderungen an das unbemannte Luftfahrzeug. 

Das bedeutet, dass jede risikomindernde Maßnahme zweierlei erfüllen muss: Sie muss einerseits prinzipiell geeignet sein, das erkannte Risiko zu mindern und andererseits zuverlässig funktionieren. Als Beispiel für die Eignung: Ein Kabel kann verhindern, dass die Drohne einen bestimmten Luftraum verlässt, nicht aber, dass sie abstürzt. Die Zuverlässigkeit, mit der es diesen Zweck erfüllen kann, hängt an seiner Festigkeit.

Neue Herausforderungen für alle Verantwortlichen

Die Methode verlangt, dass das Betriebsszenario detailliert beschrieben und die aktuellen Rahmenbedingungen betrachtet werden: Der Betrieb einer Drohne in der Nähe eines Segelflugplatzes ist ganz anders zu bewerten, wenn dort das Sommerlager des örtlichen Flugvereins stattfindet, als an einem diesigen Dienstmorgen im Februar.

Insgesamt stellt diese neue Methode sowohl Betreiberinnen und Betreiber als auch die Behörden vor einige Herausforderungen. Nicht umsonst sprießen Beratungsfirmen und Online-SORA-Tools wie Pilze aus dem Boden.

Weitere Informationen

Wer Details zu den neuen Regularien wissen möchte: Die EASA hat die Regularien in einem Dokument, den Easy Access Rules for Unmanned Aircraft Systems zusammengestellt. Sie sind als PDF und Online-Sammlung verfügbar:

https://www.easa.europa.eu/document-library/easy-access-rules/online-publications/easy-access-rules-unmanned-aircraft-systems?page=0#_DxCrossRefBm9000001

Unser europäischer Verband, die ECA, hat zum SORA ein Positionspapier veröffentlicht:

https://www.eurocockpit.be/positions-publications/specific-operations-risk-assessment-sora