Kollisionsgefahr durch Drohnen
Die vorherige Ausgabe der VC Info 01/2020 stand unter dem Titel „91% illegal – Die reale Gefahr von Drohnen“. Dass dies nicht nur ein aufrüttelnder Titel, sondern bereits die bedrohliche Wirklichkeit für uns Pilotinnen und Piloten ist, zeigte sich bei den Sitzungen der APEG in diesem Sommer. Gleich zwei gefährliche Annäherungen mit Drohnen wurden durch die Gruppe mit der höchsten Risikoklasse „A“ bewertet. Während im ersten Fall ein Airbus in Hamburg knapp einem Beinahezusammenstoß mit einem unbekannten Flugobjekt im Endanflug entging, hatte im zweiten Fall ein Rettungshelikopter eine Begegnung mit einer Drohne in kürzester Entfernung.
Anflug auf Hamburg
Beim abendlichen Anflug auf den Hamburger Flughafen an einem wolkigen Wintertag sichtete eine Airbus-Besatzung bei etwa 3-3,5 NM im Endanflug ein unidentifiziertes Flugobjekt. Worum es sich am Ende gehandelt hat, kann nicht klar festgestellt werden. Relativ sicher sind die Piloten sich aber, dass dieses Objekt sich nur wenige Meter unter dem Flugzeug auf der linken Seite befunden hat – eine genaue Angabe zum Abstand ist natürlich aus einem fliegenden Flugzeug relativ schwer zu machen, aber die Angabe von 20m Abstand durch die Piloten zeigt, dass nicht viel gefehlt haben kann. Der Vorfall wurde auf der Funkfrequenz gemeldet, allerdings liegen der APEG keine weiteren Fakten vor. Ein Bericht über das firmeninterne Meldesystem oder direkt per AIRPROX-Formular hätten bei der Aufarbeitung des Falls sicher geholfen.
Rettungshelikopter in Brandenburg
Der zweite Fall wurde per AIRPROX-Bericht gemeldet. Dabei handelt es sich um einen Rettungshelikopter, der im Reiseflug über Brandenburg in etwa 1.000 Fuß AGL eindeutig eine Drohne identifizierte. Es waren keine Drohnenflüge per NOTAM bekannt gegeben und weitere Nachforschungen ergaben, dass seitens der Behörden keine Drohnenflüge genehmigt waren. Legal hätte der Benutzer der Drohne diese also nur bis etwa 100m/330 Fuß AGL fliegen dürfen und dem Hubschrauber ausweichen müssen. Die Drohne flog in gleicher Höhe, näherte sich schnell und hatte noch eine Last angehängt, vielleicht eine Kamera. Als die Besatzung die Drohne gesichtet hatte, war ein Ausweichen schon nicht mehr möglich. Dabei war es reines Glück, dass der Hubschrauber die Drohne in einem Abstand von 50-100m passierte und es nicht zu einem Zusammenstoß kam. Dieser hätte katastrophale Folgen haben können, da Hubschrauberscheiben einem Drohnenschlag nicht standhalten. Auch bei einer Kollision mit dem Haupt- oder Heckrotor sowie den freiliegenden Steuerstangen ist ein Helikopter stark gefährdet. Da bisher keinerlei elektronische Erkennung oder Nachverfolgung von Drohnen möglich ist, konnte nicht festgestellt werden, wem diese gehörte.
Anflug auf Paderborn
Ein Fall der Kategorie B ereignete sich östlich des Flughafens Paderborn im Anflug auf die Piste 24. Eine Pilatus PC-12 flog IFR auf dem ILS 24 an. In der Umgebung des Platzes herrschte reger VFR-Flugbetrieb, der die Aufmerksamkeit des Fluglotsen und der Piloten erforderte. Unerwartet stieg dabei eine Cessna 150, die Ziellandeübungen am Flugplatz Haxterberg direkt unter dem Endanflug durchführte, in Richtung der PC-12. Dies war legal, da der Anflug auf Paderborn lediglich durch eine TMZ mit Hörbereitschaft geschützt ist - die Abschaffung des Luftraum Delta wurde mehrfach von der VC kritisiert. Anfliegender Verkehr ist zwar vorflugberechtigt, doch wie groß ein sicherer Abstand sein muss, ist nicht definiert. Nachteilig ist hier zusätzlich die fehlende Radarabdeckung unter 1.900 Fuß. Der geringste gemessene Abstand zwischen der PC-12 und der Cessna lag bei etwa 0,13NM und 200 Fuß. Als Reaktion auf den Vorfall wurden Ziellandeübungen am Flugplatz Haxterberg durch den Verein als Platzhalter untersagt.
TCAS RAs
Seit jeher beschäftigen uns TCAS RAs, die in höheren Flugflächen stattfinden. Gerade im Steig- und Sinkflug kommt es vor, dass bei hohen Vertikalraten TCAS RAs generiert werden, obwohl eine Staffelung von 1.000 Fuß eingehalten wird. Diese haben dann allerdings potentielle Folgeeffekte und ein erhöhtes Risiko. Deswegen versuchen wir natürlich, auch diese Fälle zu minimieren. Dabei gibt es unterschiedliche Wahrnehmungen und Erwartungen bei Piloten und Fluglotsen.
Als Piloten werden wir eine angewiesene Vertikalrate immer bis zum Erreichen der Höhe einhalten. So sehen es auch die entsprechenden Regularien vor. Einige Fluglotsen rechnen aber damit, dass wir die letzten 1.000 Fuß vor Erreichen einer Höhe etwas langsamer steigen/sinken. Diese Erwartung ist weder einheitlich vorhanden, noch deckt sie sich mit den internationalen Standards. Nichtsdestotrotz kann es vorkommen, dass ein Fluglotse aufgrund dieser Erwartungshaltung eine Rate nicht reduziert. Meist passiert das, wenn die Arbeitsbelastung sowieso schon hoch und die Frequenz voll ist.
Bitte fliegen Sie aber weiterhin gemäß den internationalen Standards und halten sie angewiesene vertikalen Raten bis zum Erreichen der freigegebenen Flughöhe ein! Ein Hinweis an den Fluglotsen mit der Bitte um Reduktion der Rate, gerade bei sich näherndem Verkehr ist dabei aber eine große Hilfe.