Mitgliedermagazin der Vereinigung Cockpit

Mentoring - Was ist das eigentlich?

Wenn Sie sich einmal an die ersten Tage und Monate in Ihrem Unternehmen, an Ihr allererstes Typerating oder das zurückliegende Upgrading erinnern, denken Sie vielleicht auch an Personen, von denen Sie Unterstützung erfahren haben, an die Sie sich mit Fragen wenden konnten oder die Sie sich aufgrund Ihrer Arbeitsweise und Ihres Führungsstils zum Vorbild genommen haben.

20.01.2021 Mitglieder von Bernd Roemmelt, AG Diversity & Social

© Shutterstock / Monkik

Wie funktioniert der Urlaubsrequest? Wo werde ich nach dem Deadhead Flug abgeholt? Welche Person ist in Gehaltsfragen zuständig? Wie gehe ich bei Konflikten mit Kollegen um? Wie teile ich mir die Zeit im Turnaround effektiv ein?

Auf diese Fragen in einem neuen Unternehmen Antworten zu finden, raubt Kapazitäten und Zeit, die sicherlich besser für das Training aufgewendet werden können. Umso besser, wenn man bereits zu Beginn der Karriere auf eine Person trifft, die solche Fragen beantwortet, die Anregungen gibt und darüber hinaus bereit ist, Erfahrungen und Wissen zu teilen.

Ich selbst traf in den ersten Tagen meiner Linienausbildung auf eine solche Person. In dieser Phase meines Trainings hatte er die Funktion des "Safety Pilot", war ebenfalls First Officer und zum damaligen Zeitpunkt seit 3 Jahren im Unternehmen beschäftigt. Von ihm schaute ich mir eine effektive Flugvorbereitung und Zeiteinteilung ab. Ihn kontaktierte ich bei Fragen, auf die ich selbst keine Antworten fand. Auf gewisse Weise war ich Mentee und er Mentor, wenn auch nur informell. Bis heute begegnet mir das „informelle Mentoring“ im beruflichen und privaten immer wieder. Wenn ich als Safety Pilot im Einsatz bin, gebe ich gerne Hilfestellungen und teile meine Erfahrungen mit den neuen Kolleginnen und Kollegen. Bei anderen Projekten bin ich „der Neue“ und bin auf Hilfestellungen, Anregungen und Unterstützung anderer Personen angewiesen.

Kompetenzen sind von Mensch zu Mensch unterschiedlich, und einige besondere Fähigkeiten braucht es schon, um ein effektives und erfolgreiches Mentoring durchzuführen: Empathie, Bereitschaft und Zeit, sich in einen gemeinsamen Prozess zu begeben, helfen dabei, für das Gegenüber ein wertvolles Mentoring zu gestalten. Ebenso wichtig ist es, alternative Denk- und Handlungsmuster zu akzeptieren: Es braucht Offenheit gegenüber der Andersartigkeit des Mentee. 

Ein informelles Mentoring passiert eher durch Zufall. Daher können nicht alle von Mentoring profitieren. Um das zu ändern, ergänzt das formelle Mentoring das informelle. Bei dieser Art werden Mentee und Mentorin oder Mentor aktiv – im besten Fall zu Beginn der Karriere – zusammengeführt. In regelmäßigen Abständen werden Treffen und anstehende Themen vereinbart. Es findet aktives Netzwerken statt, d.h. Mentees lernen die verantwortlichen Personen und Zuständigkeiten der verschiedenen Bereiche kennen. Auf diese Weise ist es den Mentees möglich, sich auf die Ausbildung zu konzentrieren und keine Ressourcen mit der Suche nach einem Weg durch das Labyrinth aus Strukturen, Bereichen und Abteilungen zu verbrauchen. Eine weitere positive Auswirkung ist – durch effiziente Nutzung der eigenen Kapazitäten – die Aufrechterhaltung der Flugsicherheit. Mentoring ist zeitlich nicht begrenzt und kann sämtliche berufliche und persönliche Prozesse optimieren. Vielleicht sogar im gleichen Team.