Mitgliedermagazin der Vereinigung Cockpit

Visual Approach Go-Around in den USA

Was ist zu tun?

04.08.2021 Flight Safety von Felix Gottwald, AG Air Traffic Services

© Felix Gottwald

Als Pilotinnen und Piloten fliegen wir in viele verschiedene Gegenden der Welt und müssen uns auf lokale Regeln einstellen. Die meisten von uns fliegen dabei nach Instrumentenflugregeln und werden quasi durchgehend durch die Flugsicherung „betreut“. Dies gilt auch, wenn im Anflug ein Visual Approach geflogen wird. In den USA gibt es dazu jedoch einige Besonderheiten zu beachten.

Eingeleitet wird der Visual Approach-Prozess entweder durch das Lotsenpersonal mit der Frage, ob der Flugplatz in Sicht ist, oder durch die Flugzeugführenden, die dies proaktiv melden. In jedem Fall gilt die Sichtung des Flughafens als Einverständnis zum Visual Approach und der Flug wird für diesen freigegeben. Für die Fluglotsinnen und -lotsen bedeutet dies, dass sie enger staffeln können. Die Flugzeugbesatzung kann aber jederzeit darauf bestehen, den Instrumentenanflug weiter zu fliegen, z.B. mit der Phrase „request ILS approach“ – dies wird von Lotsenteam immer akzeptiert und bei ausländischen Airlines einberechnet. Auch amerikanische Cockpitbesatzungen nutzen dieses Verfahren zu ihrem Vorteil aus, je nach aktueller Situation und Wetterlage. Das in den USA gültige Minimum für die Durchführung eines Visual Approach liegt bei einer Wolkenbasis von 1.000 Fuß und drei Meilen Sicht.

Generell gilt, dass ein Visual Approach kein definiertes Missed Approach-Verfahren hat! Das gilt auch, wenn man vorher schon mal für einen Instrumentenanflug freigegeben wurde. Einige Anflüge mit langen Visual-Segmenten wie der Canarsie-Approach in New York JFK sind als VOR- oder RNAV-Verfahren konzipiert und haben deswegen auch entsprechende Anweisungen für den Fehlanflug – sie bilden aber die Ausnahme.

Während der Flug zur Piste im Sichtflug den meisten Piloten klar sein sollte, stellt sich aber die Frage, wie im Falle eines Durchstartens zu verfahren ist. Die FAA schreibt deswegen als Anleitung für die USA, dass Piloten und Pilotinnen geradeaus über die Bahn hinweg auf Platzrundenhöhe steigen sollten, um sich dann in den Verkehr der Platzrunde einzuordnen. Wie gut kann das aber an einem Flugplatz wie Chicago oder New York funktionieren? Hierbei ist es also enorm wichtig, zügig mit ATC zu kommunizieren. Die Lotsenschaft erwartet dabei, dass man geradeaus fliegt und nicht irgendwohin abbiegt, selbst wenn das Flugzeug vorher bereits auf einem Instrumentenanflug mit Missed Approach-Verfahren war. 

Wichtig ist also in jedem Fall: Habt einen Plan B! Was macht Ihr, wenn vor Euch ein Flugzeug auf der Bahn steht oder erst relativ spät abhebt? Auf welche Höhe wird dann am besten gestiegen? Seid Euch über die möglichen Auswirkungen bewusst. Kontaktiert nach dem sicheren Abarbeiten des Durchstartmanövers schnellstmöglich die Flugsicherung und fliegt vorhersehbar. Genauso machen es unsere amerikanischen Kolleginnen und Kollegen auch.

Ein letzter Hinweis: Wird gefragt, ob Ihr einen anderen Verkehr in Sicht habt, der in Eurer Nähe fliegt, und Ihr bejaht dies, wird oft auch visual separation zu diesem Verkehr angewiesen, z.B. mit „maintain own separation“. Auch dies kann man ablehnen, denn dann bleibt die Verpflichtung zu einem sicheren Abstand weiterhin beim Lotsenpersonal. Wir haben im Cockpit derzeit keine Möglichkeit, Wirbelschleppen zu erkennen oder zu wissen, wann ein anderes Flugzeug vor uns auf der Piste aufsetzen und abrollen wird.

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