Mitgliedermagazin der Vereinigung Cockpit

European Drone Forum 2020: Technik und Chancen, Safety und Security, Politik und Regulierung

20.10.2020 Flight Safety von Veronica Schömer

Am 12.10.2020 fand in Berlin das European Drone Forum statt. Veranstalter war der UAV DACH - Verband für unbemannte Luftfahrt als Interessenvertretung der Drohnenindustrie im deutschsprachigen Raum. Die VC ist Mitglied des UAV Dach und versucht dort in verschiedenen Arbeitsgruppen die Interessen der bemannten kommerziellen Luftfahrt zu vertreten.


Die Tagung fand als hybride Veranstaltung statt, sowohl vortragende als auch teilnehmende Personen waren online und vor Ort dabei. In vier Blöcken wurden die Themen politische Entwicklungen, Betrieb von Drohnen außerhalb der Sichtweite (BVLOS), neuer Luftraum für den gemischten Betrieb von bemanntem und unbemanntem Verkehr (U-Space) und Drohnenabwehr angesprochen.


Politische Statements

Im ersten Themenblock sprachen Vertreterinnen und Vertreter aus Politik und Behörden über den Willen und die Zuversicht, innerhalb des geplanten Zeitrahmens ein möglichst einheitliches Regelwerk für den Betrieb von Drohnen zu erarbeiten. Die für viele aktuelle Drohnenanwendungen relevante Durchführungsverordnung (EU) 2019/947 tritt zum Jahreswechsel in Kraft.


Bislang bestehen in jedem Staat unterschiedliche Regeln, die teilweise restriktiver, teilweise großzügiger als das geplante EU-Regelwerk sind. Unter diesen bestehenden Regeln hat sich ein reger Betrieb von Drohnen entwickelt, der nun wieder „eingefangen“ werden muss. In Deutschland haben in den vergangenen Jahren rund 400 Unternehmen ca. 5000 Arbeitsplätze in der Drohnenindustrie geschaffen.


Betrieb außerhalb der Sichtweite

Im zweiten Themenblock wurden die Herausforderungen des Betriebs von Drohnen außerhalb der Sichtweite der Pilotin oder des Piloten besprochen (BVLOS). Der Betrieb von Drohnen außerhalb der Sichtweite bringt neue Anwendungsfälle, aber auch Herausforderungen mit sich. Beispielsweise kann eine Kollision mit anderen Luftfahrzeugen nicht mehr durch „see and avoid“ verhindert werden.


Als ein Anwendungsfall wurde die Überwachung von Gasleitungen vorgestellt. Frank Rathlev von Thyssengas stellte die Perspektive der Industrie  dar und forderte schnelle Rechts- und Planungssicherheit, sowie die Möglichkeit, auch bewohntes Gebiet und Naturschutzgebiete überfliegen zu dürfen.


In einem weiteren Vortrag stellte Dr. Andreas Lamprecht von Airmap eine Planungssoftware  vor, die die optimale Flugroute für einen Drohnenflug bestimmen soll. Dabei werden beispielsweise Daten zum Straßenverkehr, zum Luftverkehr und zur Anzahl der Mobiltelefone, die sich im betroffenen Gebiet aufhalten, verwendet.


Herausforderung U-Space

Die gemeinsame Nutzung eines Luftraums von Drohnen und bemannten Luftfahrzeugen ist ebenfalls eine Herausforderung. Hierbei soll es eine größtmögliche Integration von Drohnen in bestehende Strukturen geben und Segregation vermieden werden. Damit dies gelingt, soll es dort, wo es momentan kein entsprechendes Air Traffic Management (ATM) gibt, ein neues Luftraum-Konzept, sogenanntes U-Space, geben, aus welchem eventuell neue Lufträume ("U-Space Airspaces") hervorgehen könnten. Die EU arbeitet gerade an den Regularien zu diesem Thema. Drohnenflüge müssten dann ihren Flug anmelden, bemannte Luftfahrzeuge mindestens ihre Position bereitstellen. Derzeit sind die technischen Herausforderungen (Datenverbindung, Bereitstellung von Daten in Echtzeit) noch sehr groß.


In Hamburg fanden im Rahmen des Projekts Medifly Erprobungsflüge statt, um medizinische Proben von einer Klinik ins Labor zu transportieren. Die Flüge fanden über städtischem Gebiet statt, entlang der Flugstrecke von ca. 5 km wurden Streckenposten postiert. Hamburg sieht sich als Vorreiter in der Anwendung von Drohnen und wies auf die Bedeutung der Städte für die konkrete Umsetzung der EU-Regelungen für Drohnen hin.


In dieser Session habe ich als Vertreterin der Arbeitsgruppe UAS+ der VC einen Vortrag gehalten. Die VC sieht ein erhebliches Risiko für Kollisionen zwischen Drohnen und bemannten Luftfahrzeugen. Dieses Risiko ist derzeit kaum zu erfassen und zu bewerten, geschweige denn zu verringern. Als einen von mehreren Gründen dafür sehen wir ein schlecht funktionierendes Meldesystem. Die Flugsicherung muss AIRPROX (gefährliche Annäherungen) an ihre zuständige Behörde, das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung (BAF), melden. Pilotinnen und Piloten sind verpflichtet an das Luftfahrtbundesamt (LBA) zu melden. Das Militär, Polizei und Rettungsdienst, sowie die Forschung haben jeweils eigene Regelungen. Alle sind aufgerufen freiwillig an die Air Proximity Evaluation Group (APEG) zu berichten, eine Arbeitsgruppe, die beim BAF angesiedelt ist und Berichte von AIRPROX auswertet. 2019 jedoch hat die APEG nicht einen Bericht über eine gefährliche Annäherung zwischen Drohne und bemanntem Luftfahrzeug erhalten; die Übermittlung von Berichten durch die Behörden an die APEG funktioniert nicht.   


Inzwischen hat sich am BMVI eine Arbeitsgruppe gebildet, die sich der Meldung von AIRPROX annimmt; Felix Gottwald aus der AG UAS+ der VC ist einer der Leiter dieser Arbeitsgruppe.


Drohnenschutzkonzept

Derzeit ist vielen die Bedrohung von Flughäfen, aber auch Industrieanlagen oder Gefängnissen durch Drohnen zwar grundsätzlich bewusst, ein einheitliches Konzept für die Abwehr dieser Gefahr fehlt jedoch. In dieser vierten Session wurde der Entwicklungsstand von Drohnenabwehrsystemen vorgestellt. Die Anbieter setzen auf eine Integration von verschiedenen Sensoren wie Radar, Kameras, akustische Sensoren und Funksensoren. Eine Herausforderung besteht darin, aus den unterschiedlichen Sensordaten automatisiert ein Lagebild für die tatsächlich bestehende Bedrohung zu erstellen.


Ebenfalls vorgestellt wurde „remote ID“. In Zukunft soll jede Drohne verpflichtend einen bestimmten Datensatz ausstrahlen, beispielsweise eine Kennung der Eigentümerin oder des Eigentümers der Drohne oder die Flughöhe. Dabei sind viele Fragen ungeklärt, die Industrie wünscht sich auch hier zügig ein verlässliches Regelwerk.


Die AG UAS+ versucht, die sich rasant entwickelnde Drohnenindustrie und die Gesetzgebung nicht nur zu verfolgen, sondern im Sinne der Sicherheit zu beeinflussen. Dazu sind die Mitglieder der Arbeitsgruppen in den verschiedensten Gremien tätig.