Oktober 2023: In der Nacht vom 13. Oktober erreicht mich eine E-Mail der US- Air Line Pilot’s Association (ALPA). Flug Eastern Wings Airlines 576 ist auf dem Weg von Sioux City, Iowa nach Grand Forks, North Dakota bei der Landung von der Bahn abgekommen und verunfallt. Am Steuer: Hans Gruber, ein deutscher Kapitän. Um meine Mithilfe bei der Flugunfalluntersuchung wird gebeten. Ich packe also die nötigste Ausrüstung und begebe mich früh morgens auf den langen Weg nach Grand Forks.
15. Oktober 17.00 LT: Ich finde mich rechtzeitig zum Organizational Meeting des National Transportation Safety Board (NTSB) in einem großen Auditorium ein. Die Stimmung ist angespannt. Der Investigator-in-Charge läutet die Flugunfalluntersuchung offiziell ein und präsentiert erste Fakten sowie die geplante Vorgehensweise. Die Boeing 727 hat nach Touchdown die Bahn nach links verlassen. Zum Zeitpunkt des Unfalls befand sich ein CB direkt über dem Platz. Ich unterschreibe mehrere Dokumente, die mich zur Verschwiegenheit verpflichten und ich werde mehrfach darauf hingewiesen, weder mit Vertretern der Medien noch mit Versicherungen oder Anwälten zu sprechen.
Was sich hier sehr reell anfühlt ist in Wirklichkeit einer von zwei jährlichen Advanced Accident Investigation Kursen der ALPA. Über unsere Mitgliedschaft bei der IFALPA habe ich eine Einladung bekommen, am amerikanischen Kurs teilzunehmen. Über vier Tage wird eine Flugunfalluntersuchung bis ins letzte Detail simuliert und den Teilnehmenden somit ein Einblick in die Gruppen Operations, Structures, Systems und Cockpit Voice Recorder ermöglicht. Das Ziel ist es, die Teilnehmer und Teilnehmerinnen als mögliche Helfer einer Flugunfalluntersuchung zu schulen. In den USA gibt es die Möglichkeit bei der NTSB den sogenannten „Party Status“ zu beantragen, um an einer Flugunfalluntersuchung teilzunehmen. ALPA beantragt diesen regelmäßig und entsendet geschulte Mitglieder der jeweiligen Airline zusammen mit erfahrenen ALPA-Ingenieuren.