Mitgliedermagazin der Vereinigung Cockpit

VC-Flughafencheck 2021

Auch in diesem Jahr hat die AG Airport and Ground Environment (AGE) die Ausstattung der deutschen Flughäfen im VC-Flughafencheck bewertet. Da das Jahr 2021 im Flugverkehr weiterhin im Zeichen der Corona-Krise steht, möchten wir im nachfolgenden Artikel ebenfalls auf die operationellen Herausforderungen eingehen, die sich hieraus für die deutschen Flughäfen ergeben.

22.07.2021 Flight Safety von Benjamin Bringewat, Martin Oser, Sven Graßmück, AG Airport & Ground Environment

© Nucleartist / Shutterstock

Flughäfen ohne Verkehr

Der Betrieb eines Flughafens mit wenig bis gar keinem Verkehr ist mit besonderen und teils unerwarteten Hindernissen verbunden. Flugzeuge, die langfristig geparkt sind, leiden unter der mangelnden Nutzung. Der Bodenbelag, auf dem die Flugzeuge abgestellt sind, ist meist gar nicht auf dauerhafte statische Belastungen ausgelegt. Tiere, insbesondere Vögel, gewöhnen sich an den geringen Flugverkehr oder bauen Nester in abgestellten Flugzeugen. Andere Betriebsfahrzeuge und Geräte (Ground Support Equipment) müssen nach etwaiger längerer Standzeit wieder in einen einwandfreien technischen Zustand versetzt werden. Auch das Personal muss weiterhin so trainiert werden, dass es jederzeit einen sicheren Betrieb gewährleisten kann. Auf Grund der bisher nie da gewesenen Situation wurden hierzu eine Vielzahl von Empfehlungen verschiedener Behörden und Verbände (EASA-SIB, ACI-Airport Operation etc.) im Jahr 2020 erarbeitet.

Die Sicherheit an deutschen Flughäfen ist insgesamt gut. Es zeigt sich deutlich, dass auch in Krisenzeiten Sicherheit einen hohen Stellenwert besitzt. Die Flughäfen gehen sehr bewusst mit der Situation um und sind auf den wieder ansteigenden Flugverkehr gut vorbereitet.

In unseren Kontakten zu den Flughäfen stellen wir einen sehr bewussten Umgang mit der Situation fest und sehen die Flughäfen auf den bald wieder ansteigenden Verkehr gut vorbereitet. Viele Schulungen wurden virtuell abgehalten. Manche Aspekte, die praktisch durchgeführt werden mussten (z.B. Schleppvorgänge, Ausbildung Sicherheitsbereich), fanden unter Beachtung der jeweils geltenden Hygienevorschriften statt. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Einberufung von LRST-Meetings (Local Runway Safety Team), bei denen sich regelmäßig die verschiedenen am Flugbetrieb beteiligten Akteure über Vorkommnisse oder Neuigkeiten am Flughafen austauschen. Diese finden derzeit häufig virtuell statt. Obwohl gerade in diesen Gremien ein direkter Kontakt wünschenswert ist, wird dieses Medium durchweg gut eingesetzt. Bei der Bewertung im Flughafencheck 2021 spielen die erwähnten Aspekte keine direkte Rolle, zeigen aber deutlich, dass auch in Krisenzeiten die Sicherheit an deutschen Flughäfen einen hohen Stellenwert besitzt.

Die Flughäfen im Einzelnen

Für den Flughafencheck 2021 wurde die Liste der Flughäfen erweitert. Zum einen wurde der Flughafen Tegel geschlossen und damit auch die zweite Start- und Landebahn des Berliner Hauptstadtflughafens BER, ehemals Schönefeld (SXF), eröffnet und bewertet. Die Note bleibt wie beim Flughafen Schönefeld bei einer 2,2.

Des Weiteren wurde der Flughafen Lübeck neu aufgenommen, da er seit August 2020 wieder regelmäßige Linienverbindungen anbietet. Er wird mit der Note 3,0 bewertet. Diese Note lässt sich unter anderem durch den fehlenden parallelen Rollweg zum Pistenkopf der Bahn 25 erklären. Hierdurch müssen Flugzeuge über die Start- und Landebahn zu ihrer Startposition bzw. nach der Landung über die Piste rollen. Die Benutzung der Start- und Landebahn als Rollweg birgt eine erhöhte Gefahr von Runway Incursions, einer gefährlichen Annäherung oder Kollision von Flugzeugen, die starten oder landen. Auch die Sicherheitsflächen (RESA, Runway End Safety Area) hinter der Start- und Landebahn sind durch ein Naturschutzgebiet kürzer als in den Empfehlungen der ICAO.

Ansonsten gab es in der Benotung der anderen Flughäfen nur wenige Korrekturen. So hat der Flughafen Karlsruhe mittlerweile eine Mittellinienbefeuerung der Rollwege (Taxiway-Centerline-Lights). Dies verhindert insbesondere bei schlechter Sicht das Abkommen von Rollwegen. Der Flughafen Hamburg hat den Localizer-Anflug auf die Runway 33 außer Betrieb genommen. Durch den bereits existierenden RNP-Anflug ergibt sich aber in der Benotung keine Veränderung.

Abschließend bleibt festzustellen, dass das Sicherheitsniveau auf deutschen Flughäfen weiterhin insgesamt gut ist und München seine Spitzenposition vor Leipzig hält.

Nachhaltigkeit auch für Flughäfen wichtig

Es gibt weitere Maßnahmen, die nicht im Flughafencheck bewertet werden, die wir aber nicht unerwähnt lassen wollen. So wurde die Zeit mit wenig Verkehr an vielen Flughäfen genutzt, um Markierungen zu erneuern oder Beleuchtungen zu warten. Am Flughafen Stuttgart gingen z.B. die Sanierungsarbeiten an diversen Rollwegen und Vorfeldpositionen zügig voran. Der Flughafen Friedrichshafen hat beim Thema Nachhaltigkeit in den vergangenen Jahren durch Umrüstung der Beleuchtung von Halle und Vorfeld sowie zuletzt, trotz der wirtschaftlich schwierigen Lage, der Umstellung der Pistenbefeuerung auf LED, Energieeinsparungen in Höhe von 65 Prozent erreichen können. Auch der Flughafen Stuttgart hat in verschiedenen Bereichen des Vorfelds auf LED-Beleuchtung umgerüstet und wird die Ausleuchtung des Vorfelds in den nächsten Jahren komplett auf LED-Beleuchtung umstellen.

Ziele für 2022

Als Ausblick für das Jahr 2022 wollen wir uns im Herbst erneut mit der Strukturierung des Flughafenchecks intensiv auseinandersetzen und diesen weiterentwickeln. Auch die wiederholt verschobene Bewertung der Stop Bars als wichtiges Mittel der Runway Incursion Prevention wollen wir weiterhin in die Diskussion mit den Flughäfen einbringen, da diese unter anderem durch den European Action Plan for the Prevention of Runway Incursions gefordert werden.

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Weitere Informationen

Die Ergebnisse im Detail und viele weitere Informationen zum VC-Flughafencheck finden Sie unter:
http://www.vc-flughafencheck.de/