Mitgliedermagazin der Vereinigung Cockpit

Neues aus der AG Strahlenschutz

Aktuell stehen die Themen Fukushima-Wasser und die Gefahren durch UV-Strahlung im Fokus der AG-Arbeit.

20.09.2023 Flight Safety von Christian Dratwa, AG Strahlenschutz

© Single.Earth / unsplash.com

Was die kosmische Strahlung betrifft, war es recht ruhig in den letzten Wochen. Zu unserer Überraschung war auch in z.B. Tagesschau.de oder NTV.de Ende August zu lesen, dass die Sonne sehr aktiv sei und daher ein stärkerer Flare, der u.a. auch die Stromversorgung beeinträchtigen könnte, möglich sei. 

Tatsächlich ist die Sonne auf dem Weg Richtung solares Maximum und die Anzahl der Sonnenflecken übertrifft die des letzten Maximums deutlich. Dennoch mussten wir keine Warnungen herausgeben. Bisher wurden nur Flares in der M-Kategorie (M=Moderate) verzeichnet und da auch in den unteren Klassen (Skala von 1-9, mehr als M6 kam bisher nicht vor). Da die Kategorie anhand der Röntgenstrahlung festgelegt wird, war diese entsprechend niedrig. Die M-Class-Flares brachten auch keine oder kaum erhöhte Strahlung durch energetische Teilchen (Elektronen und Protonen) mit sich. Die CMEs (Coronal Mass Ejection = ausgestoßene Plasmawolken) waren entweder nicht vorhanden, von der Erde weggerichtet oder streiften uns höchstens in Randbereichen. Wir sind aber weiterhin alert, beobachten gespannt alle Entwicklungen und werden wie gewohnt unseren Newsletter (bestellbar über die VC-Website - Flight Safety - AG STR) bei Bedarf veröffentlichen. 

Die erhöhte Sonnenaktivität bringt aber sogar etwas Gutes mit sich: Durch den verstärkten Sonnenwind wird das Magnetfeld der Erde derart angeregt, dass es einen stärkeren Schutzschild gegen kosmische Strahlung bildet. Also eine kleiner positiver Effekt, der aber durch einen stärkeren solaren Ausbruch schnell zunichte gemacht würde.

Unsere Aktivitäten waren aber deswegen nicht geringer, zwei Themenfelder sind aktuell in unseren Fokus: 

Fukushima-Wasser 

Eine Anfrage brachte uns dazu, uns dieses Thema anzuschauen. Um das Ergebnis vorweg zu nehmen: Die Einleitung des Wassers ist unbedenklich.  

TEPCO hat mit der Ableitung von Abwasser des Kraftwerkes Fukushima begonnen, das mit < 1500 Bq/l Tritium kontaminiert ist. 

Tritium ist ein Isotop von Wasserstoff, das mit einer Halbwertzeit von 12,3 Jahren über einen Beta-Zerfall zu Helium-3 zerfällt. Diese Beta-Strahlung hat eine Reichweite in Luft von ca. 5 mm, in Wasser ist sie vernachlässigbar.

Tritium liegt vorwiegend als Wassermolekül vor, bei dem ein Wasserstoffatom durch Tritium ersetzt ist. Daher verhält es sich in der Natur wie Wasser, es reichert sich im Gegensatz zu Cäsium oder Iod nicht in Zellverbänden an, sondern wird aus dem menschlichen Körper nach maximal 14 Tagen ausgeschieden. 

Nach deutschem Recht (Strahlenschutzverordnung) dürfte ein Säugling 100 Liter und ein Erwachsener 370 Liter des abgeleiteten Wassers unmittelbar an der Einleitungsstelle in das Meer trinken - wenn man von anderen begrenzenden „Inhaltsstoffen“ absieht. Also ist ein Japan-Aufenthalt in der Hinsicht unbedenklich (gerade in einem eher kurzen Layover), aber alles unter der Voraussetzung, dass die Angaben von TEPCO und der japanischen Strahlenaufsicht korrekt sind. Da die internationale Aufmerksamkeit in diesem Fall groß ist, ist aber von auszugehen.

UV-Strahlung

Inzwischen wird aber UV-Strahlung zu einem vordringlichen Thema. Die Rate von weißem Hautkrebs oder dessen Vorstufen ist in der Bevölkerung stark gestiegen. Dies ist für die Luftfahrt besonders besorgniserregend, weil ja auch bei der UV-Strahlung der Schutz der Atmosphäre mit der Höhe abnimmt.

Vor UV-C sind wir durch die höheren Schichten der Atmosphäre komplett geschützt, von UV-B erreichen bis zu zehn Prozent noch die Erdoberfläche. 

Anders ist es bei UV-A. Diese dringt bis in unsere Flughöhen unvermindert durch, sodass hier Selbstschutz oder guter Schutz durch die Cockpitverglasung gefragt ist. 

Die Cockpitfenster filtern UV-B vollständig. Leider ist der Ausrüstungsstand unserer Flugzeuge noch nicht so, dass der UV-A-Schutz umfassend ist. Es gibt guten Schutz bei einigen Fensterherstellern, bei manchen ist dieser weniger gegeben. Wie wir bei einem Onlinemeeting mit einem Team des Fensterherstellers PPG erfahren haben, liegt die Verantwortung für den Fenstereinbau bei den Flugzeugherstellern, nicht bei den Airlines. 

PPG bietet seit 2019 eine "Solaron Blue Protection" an, die nicht nur komplett vor UV-Strahlung schützt, sondern auch vor "High Energy Visible Blue (HEVBLUE) radiation", einer Strahlung im (oberen) sichtbaren Spektrum, die vor allem die Augen schädigen kann. 

Bisher werden diese Fenster kaum eingebaut und leider sind vor allem Boeing-Kurzstreckenflugzeuge, vor allem die B737 noch mit älteren und nur gering schützenden Fenstern ausgerüstet. Besser sieht es auf Airbus aus, nur auf den älteren Tailsigns (A320, 330 und 340) kann der Schutz geringer sein. Es gibt aber auch Flotten, auf denen der Schutz sehr gut ist, so z.B. A350, A380, B787, B747 und auch 320/321 neo. Hier wäre durch die Neuentwicklung von 2019 noch Potenzial, aber in Sachen UV-A ist der Schutz hier gut.

Wir versuchen, hier am Ball zu bleiben, laut Aussage bei PPG wünscht man sich dort mehr Druck von den Airlines bei den Herstellern, da gerade Boeing mit Verweis auf Kosten und die wirtschaftliche Lage Investitionen gescheut hat, obwohl die Kostensteigerung sich im niederigen Prozentbereich bewegt. Eine Studie der FAA ergab Handlungsbedarf, aber dieser wurde nicht umgesetzt. Die UV-A-Thematik wird uns weiter intensiv beschäftigen.