Beschäftigte aus den unterschiedlichsten Bereichen haben in den vergangenen Wochen gestreikt. Ob in der Verwaltung, in Kindergärten, Schulen oder den Verkehrsbetrieben des Landes, überall zeigt sich das gleiche Bild: So wie es ist, geht es nicht weiter. Die Gehälter stagnieren seit Jahren, die Inflation frisst die Kaufkraft und Personalmangel lässt die ohnehin schon steigenden Belastungen für die verbleibenden Kolleginnen und Kollegen explodieren wie die Energiepreise.
Noch brennt Deutschland nicht, aber die Arbeitgeber spielen mit dem Feuer. Gleiche oder mehr Leistung bei massiven Reallohnverlusten ist nicht mehr hinnehmbar. Von niemandem. In keiner Branche. Als Pilotinnen und Piloten sind wir vielleicht stärker mit unseren Unternehmen verbunden als andere Beschäftigte, aber gleichzeitig sind wir als hochspezialisierte Fachkräfte genauso schwer zu ersetzen wie erfahrene Wissens- und Kompetenzträger in anderen Branchen. Fehlt ein Zahnrad im Getriebe, geht es kaputt oder kann schlicht nicht ersetzt werden, weil der Markt leergefegt ist, dann steht am Ende die ganze Maschine.
Das Gebot der Zeit ist es, das Getriebe, von dem so viel abhängt, am Laufen zu halten. Was Wartung, Pflege und hochwertiger Kraftstoff für die Flugzeuge ist, die wir täglich bewegen, sind Respekt, wettbewerbsfähige Gehälter und gute Arbeitsbedingungen für uns Flieger. Ohne geht es auf Dauer nicht!
Ob während der Pandemie oder in anderen Krisen: Ich kann mich nicht daran erinnern, dass wir als Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Firmen haben im Regen stehen lassen. Verantwortung haben wir für alle gezeigt! Jetzt ist es nur fair an den Firmen, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht im inflationären Regen stehen zu lassen. In Tarifverhandlungen zu einer fairen Einigung zu kommen, ist gerade in Zeiten von Krisen nicht mehr nur eine Frage von Zahlen und Unternehmensbilanzen; es ist gerade jetzt auch eine Frage von Charakter, der Bilanz des Anstands und der Unternehmenskultur.
Euer
Stefan Herth