Auch in diesem Jahr standen zahlreiche Herausforderungen für das Cockpitpersonal auf der Tagesordnung der IFALPA-Konferenz, die vom 4. bis 7. Mai in Montreal stattfand. Im Rahmen der Konferenz beging der Verband sein 75-jähriges Jubiläum.
Die IFALPA ist ein weltweiter Zusammenschluss nationaler Berufsverbände der Flugzeugführer. Seit jeher ist diese Konferenz für die Abstimmung und den Zusammenhalt der Cockpitbesatzungen auf globaler Ebene sehr wichtig. Die VC wurde auf der Konferenz durch Maria-P. Murtha als Chief Delegate (VC Vorständin Internationale Beziehungen) und Johannes Bade als Delegate (Referent Internationale Beziehungen) vertreten. Darüber hinaus nahmen folgende VC-Mitglieder an der Konferenz teil: Lars Frontini (Vorstandsmitglied), Nina Moers (Leiterin der IFALPA Female Pilots' Working Group), Nikolaus Braun (Leiter des IFALPA ADO Committee), David Schöne (Leiter des IFALPA AAP Committee und stellvertretender Leiter der IFALPA Safety Management Working Group), Uwe Harter (IFALPA Executive Vice-President Technical & Safety Standards, EVP TSS), und Tanja Harter (Leiterin des IFALPA HUPER Committee und ECA Technical Affairs Director).
Zu Beginn der Konferenz öffnete die Internationale Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) ihre Türen. In der ICAO Assembly Hall hießen Salvatore Sciacchitano (Präsident des ICAO Rates), Omar Alghabra (Verkehrsminister Canada), Stephen P. Creamer (Direktor des ICAO Air Navigation Büros) und Jack Netskar (IFALPA Präsident) die Teilnehmer aller Mitgliedsverbände herzlich willkommen. Darüber hinaus hielt Prof. Dr. Sidney Dekker (Professor and Director of the Safety Science Innovation Lab at Griffith University in Brisbane, Australia and Professor at the Faculty of Aerospace Engineering at Delft University, Netherlands) einen Vortrag zum Thema „The Seven Habits of a Safe Airline“ (https://sidneydekker.com/).
Während der Konferenz wurden u.a. die Arbeitsergebnisse des vergangenen Jahres besprochen, beschlossen sowie neue politische Entwicklungen und allgemeine Herausforderungen für Cockpitpersonal und deren Mitgliedsverbände diskutiert und bewertet. Im Mittelpunkt stand allerdings die globale Strategie zum Thema „Reduced Crew Operation“ (RCO). Führende Vertreter der weltweit größten Pilotenorganisationen IFALPA, ALPA-I und ECA kündigten eine globale Strategie an, um zu verhindern, dass Fluggesellschaften und Hersteller ihre Pläne vorantreiben, die Zahl der Pilotinnen und Piloten im Cockpit zu reduzieren (https://safetystartswith2.com/).
Auf den Regional Meetings wurde deutlich, dass alle Mitgliedsverbände ähnliche Probleme haben, insbesondere beim Thema „Positive Safety Culture“. Hier waren sich alle einig, dass soziale und Safety-Faktoren zwingend gemeinsam bedacht werden müssen.
Afrika und Mittlerer Osten
In der Region Africa and Middle East (AFI/MID) ist der Kontakt zu Mitgliedsverbänden aus Ägypten und Kenia leider komplett abgerissen. Außerdem wurde der Marokkanische Pilotenverband durch die Royal Air Maroc zerschlagen. Dafür konnte jedoch die Region die sogenannte Emirates Professional Pilots Group als neues Mitglied aus Bahrein dazugewinnen. Bedauerlicherweise haben die Mitgliedsverbände mit grundsätzlichen und existenzbedrohenden Themen zu kämpfen. Diese Themen gehen nicht zuletzt auf die Etablierung einer Art Angstkultur durch die Airlines innerhalb der Pilotenschaft zurück. Das größte Problem der Mitgliedsverbände ist jedoch der Mangel an Aktiven innerhalb der Verbände, der es erschwert, an internationalen Meetings teilzunehmen.
Karibik und Nordamerika
In der Region Caribbean and North America (CAR/NAM) berichtete die ALPA Canada von dem Zusammenschluss mit ALPA-I (USA) und der ACPA (Kanada). Die ALPA Canada hat seit 2016 zehn neue Pilot Groups hinzugewinnen können. Außerdem sind ca. 95 Prozent aller Pilotinnen und Piloten in Canada Mitglied in einem Berufsverband. Die ASPA (Mexico) berichtete von einer langen und großangelegten Kampagne zum Thema Kabotage (das Erbringen von Transportdienstleistungen innerhalb eines Landes durch ein ausländisches Verkehrsunternehmen). Ein hierzu geplantes mexikanisches Gesetz bekämpfte die ASPA erfolgreich im Mai 2023. Somit bleibt Kabotage innerhalb Mexikos verboten. Außerdem wurden Kathi Hurst (USA) zur Regional Vice-President NAT und Erich (Chris) Witt (Cayman Islands) zum Regional Vice-President CAR/East gewählt.
Europa
In Europa gibt es, bedingt durch die Pandemie, ein massives Personalproblem an den Flughäfen. Zusätzlich spüren wir die Folgen des Ukraine Krieges. Zudem spielt das Thema RCO eine sehr große Rolle. Die European Union Aviation Safety Agency (EASA) bereitet derzeit die Konzepte Extended Minimum Crew Operations (eMCO) und Single Pilot Operations (SiPO) vor, die in naher und mittlerer Zukunft umgesetzt werden sollen. In dem Zusammenhang wird die globale Kampagne „Safety starts with 2“ europaweit koordiniert und unterstützt. Außerdem beschäftigt das Thema „Wetlease“ alle europäischen Verbände weiterhin sowie die Verordnung (EG) Nr. 1008/2008, zu deren Entwurf es immer noch keine Überarbeitung gibt.
Südamerika
In der Region South America (SAM) wurde davon berichtet, wie Airlines ihr Personal bezahlen, um ihre Mitgliedschaft in einem Berufsverband zu kündigen, ansonsten werde mit Kündigung gedroht. Auch die oben erwähnte RCO-Kampagne ist in der SAM-Region ein dominierendes Thema. Hervorgehoben wurde das Kooperationsabkommen zwischen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) und der ICAO (https://www.ilo.org/global/about-the-ilo/newsroom/news/WCMS_880354/lang--en/index.htm#:~:text=The%20Technical%20meeting%20on%20a,the%20ILO's%20headquarters%20in%20Geneva). In diesem Zusammenhang hatte die ILO erreicht, dass die Luftfahrt in Kolumbien nicht mehr als kritische Infrastruktur einzustufen ist und somit bestreikt werden darf. In Argentinien, Peru, Brasilien und Panama ist die Flugauslastung bereits wieder auf dem Niveau vor der Pandemie, wobei das Streikrecht weiterhin missachtet wird.
Wichtige Wahlergebnisse
Auch dieses Jahr fanden wieder Wahlen statt. Das Hauptaugenmerk lag auf den Wahlen der Executive Committee Officer. Amornvaj Mansumitchai (Thailand) wurde zum neuen IFALPA Präsidenten,. Juan Carlos Lozano (Spanien) zum neuen Vize- Präsidenten und Ron Hay (United States) zum neuen Executive Vice-President Administration, Membership, & Finance gewählt. Sehr erfreulich für die VC ist die Wiederwahl von Tanja Harter zur Leiterin des IFALPA HUPER Committee und Nikolaus Braun zum Leiter des IFALPA ADO Committee. Wir gratulieren allen neu gewählten Amtsträgern, heißen alle zurückkehrenden Amtsträger herzlich willkommen und bedanken uns bei allen scheidenden Aktiven.
Auszeichnung für Tanja Harter
Im Rahmen des Galadinners, das am Samstagabend stattfand, wurde unsere VC-Kollegin Tanja Harter für ihren Einsatz und ihre herausragenden Leistungen im Interesse des Cockpitpersonals mit dem „Scroll of Merit“ Award ausgezeichnet. Mit ihrer jahrzehntelangen Erfahrung in den Diensten der Pilotengemeinschaft auf nationaler und internationaler Ebene besitzt Harter herausragende Fachkenntnisse. In ihrer Rolle als Leiterin des IFALPA HUPER Committee, ECA Technical Affairs Director und verantwortliche Arbeitsgruppenvorsitzende auf VC-Ebene hat sie in ihrer Laufbahn an zahlreichen Sitzungen teilgenommen. Sie vertrat die IFALPA u.a. bei der International Working Group (IWG) zur Festlegung von Kriterien für FSTDs (ICAO DOC 9625) oder zur Durchführung von strategischen Überprüfungen der Ausbildung von Berufspilotinnen und -piloten mit anschließender Ausarbeitung des ICAO DOC 9995 über evidenzbasierte Ausbildung (Evidence Based Training). Außerdem war Tanja Harter Mitverfasserin des IFALPA IPTS Manuals und IFALPA-Vertreterin, Rednerin und Podiumsmitglied beim ICAO MPL-Symposium. Neben diesen und vielen anderen Engagements ist sie seit Februar 2022 die ECA-Vertreterin in der EASA-Expertengruppe für eMCO. Die VC gratuliert recht herzlich zu dieser verdienten Auszeichnung.
Außerdem wurden auf der diesjährigen Konferenz zwei neue Verbände Mitglied: die SIPLAP (Peru) und die Emirates Aviation Association (EAA). Die nächste Konferenz wird 2024 in Mexico stattfinden.