Liebe Kolleginnen und Kollegen,

es ist Zeit für ein Update! Ein Update für das Selbstverständnis und das Selbstbild unseres Verbandes, für das Miteinander unter den Pilotinnen und Piloten und damit auch für unsere Wahrnehmung in der Öffentlichkeit. Die Bedingungen für unseren sehr speziellen Beruf haben sich in vielerlei Hinsicht verändert. Teils durch externe Faktoren, die oft die Luftfahrt als Ganzes betreffen, in vielen Punkten aber auch ganz gezielt durch bewusst getroffene Entscheidungen und Maßnahmen unserer Arbeitgeber. Diese veränderten Rahmenbedingungen verlangen nach zeitgemäßen Antworten. 

Viele dieser Antworten finden wir in den Ergebnissen der Arbeit unserer Wertekommission, die voriges Jahr ihren Vorschlag für ein neues Leitbild der Vereinigung Cockpit vorgelegt hat. Dieses Leitbild ist ein echter Meilenstein für unseren Verband, der vor über 50 Jahren unter dem Motto "Von Piloten, für Piloten" gegründet wurde. Es soll künftig als gemeinsamer Kompass fungieren, der uns allen Orientierung bietet. Auf der kommenden Mitgliederversammlung am 5. Mai möchten wir dieses Leitbild nun als konstituierenden Bestandteil in unsere Satzung aufnehmen. 

Für dieses Grundsatzvorhaben möchten wir als Vorstand um breite Unterstützung werben.

Das Leitbild umfasst insgesamt 9 Punkte, die Ihr in Gänze hier nachlesen könnt. Im Folgenden möchten wir einige wenige zentrale Aspekte näher betrachten, um die Bedeutung des Leitbildes als Grundlage für unsere Arbeit als Berufsverband aufzuzeigen.

Ein neues Miteinander

Die Notwendigkeit für ein neues Miteinander in der Pilotenschaft sehen wir beispielsweise im Bereich Tarifpolitik. Seit etwas mehr als 20 Jahren haben wir als VC die Hoheit über unsere eigenen Tarifverträge. Das war damals ein riesiger Fortschritt und er erlaubt uns heute, adäquate Antworten für unsere spezielle Situation zu finden. Wenn wir von Tarifpolitik reden, geht es ausdrücklich nicht nur ums Geld! Es geht vielmehr um alle beruflichen Rahmenbedingungen, die uns als Piloten betreffen. Das geht von den unterschiedlichen Auswahlkriterien für Bewerber von Flugschulen und Airlines über Tarifflucht und "atypische" Beschäftigungsverhältnisse bis hin zu den Marktveränderungen durch transnationale Airlines, die eine EU-weite Rosinenpickerei im Arbeitsrecht betreiben, die am Ende des Tages alle von uns durch die Veränderungen im internationalen Wettbewerb treffen. 

Um es klar zu sagen: Wir können dem nicht entgehen, aber wir können adäquate Antworten auf diese veränderten Rahmenbedingungen finden! Diese adäquaten Antworten bedürfen eines neuen Miteinanders und Selbstverständnisses. 

Solidarität als zentraler Wert

Einer der zentralen Werte im Leitbild ist "Solidarität".

Solidarität heißt: Wir bewegen uns unter Gleichen mit gleichen Zielen in die gleiche Richtung und alle bekommen und geben die gleiche Wertschätzung und Behandlung. Das Vertrauen aller Mitglieder darin, dass die VC als Ganzes für jeden und jede Einzeln/e einsteht, ist ein elementarer Punkt für das Funktionieren unseres Berufsverbandes und muss immer wieder aufs Neue bestätigt werden. 

Es mag nicht auf den ersten Blick offensichtlich sein, aber die Solidarität als Grundwert steht in einem sehr engen Zusammenhang mit der Frage "Was ist ein Pilot oder eine Pilotin wert?".  Denn eine der Daseinsberechtigungen der Vereinigung Cockpit ist es, den "Wert" unseres Berufsstandes zu erhalten oder zu erhöhen. Dies kann aber nur gelingen, wenn wir gemeinsam und geschlossen als Verband agieren, was wiederum nur gelingen kann, wenn sich alle gleichermaßen wertgeschätzt, wahrgenommen und gleichberechtigt fühlen. 

Bei politischen Parteien sieht man, dass zerstrittenes Auftreten nach Außen meist zu schlechter Wählergunst und damit zu schwachen Wahlergebnissen führt. Das gleiche gilt für die VC und die öffentliche Wahrnehmung unseres Berufs: Grabenkämpfe und Eitelkeiten zerstören Solidarität und führen damit letztlich zu einer Abwertung des Bildes von Pilotinnen und Piloten in der Öffentlichkeit. Dies gilt es zu verhindern und dafür ist unser neues Leitbild ein großer Schritt.

Dieses Update unseres Selbstverständnisses und eine größere Solidarität könnte mittel- bis langfristig auch zu gemeinsamen Tarifverträgen führen. Darin würde der gleiche Wert aller Cockpit-Beschäftigten auch schriftlich kodifiziert.

Gemeinsamkeiten stärken

Auch am Beispiel der Auswahlkriterien lässt sich die Notwendigkeit von Solidarität veranschaulichen: Hier ist deutlich geworden, dass die unterschiedlichen Bedingungen von Flugschulen und Airlines, die sie an ihre Bewerber stellen, für uns als Gewerkschaft im Nachhinein zu vielen internen Problemen führen. Von Streitigkeiten über die Wertigkeit dieser oder jener Ausbildung oder von der Überzeugung einiger, zu den vermeintlich "besseren" oder den vermeintlich "schlechteren" Piloten zu gehören, profitieren am Ende nur die Arbeitgeber! Sie sind daher nicht nur überflüssig und gestrig, sondern laufen auch der Durchsetzung unserer gemeinsamen Interessen zuwider.

Wir alle fliegen beruflich Luftfahrzeuge. 
Wir alle haben umfassende Ausbildungen und Weiterbildungen erfolgreich durchlaufen. 
Wir alle sind Garanten für das hervorragende Sicherheitsniveau der Luftfahrt in Deutschland. 
Wir alle haben viel mehr Gemeinsames als Trennendes durch unseren Beruf.

Lasst uns diese Gemeinsamkeiten nutzen. Denn aus den oben beschriebenen Auseinandersetzungen kann niemand von uns einen Vorteil ziehen, und zwar vollkommen unabhängig davon, zu welcher Gruppe man sich selber zählt. Der einzige Vorteil liegt hier bei unseren Arbeitgebern, weil wir als Ganzes davon geschwächt werden.

Auch alle weiteren Aspekte des Leitbildes unterstützen den grundlegenden Ansatz der Solidarität und können uns dabei helfen, Spaltungstendenzen zu überwinden und unsere gemeinsamen Interessen besser zur Geltung zu bringen, indem wir es zur Richtschnur unseres Handelns als Verband aber auch als Mitglieder der VC machen.

Wir zählen deshalb auf Eure breite Unterstützung, um das neue Leitbild in die Satzung aufzunehmen und damit die VC zukunftsfest zu machen.