Mitgliedermagazin der Vereinigung Cockpit

Bericht aus Brüssel

Neues von der European Cockpit Association (ECA). Die ECA ist der Dachverband der Berufsverbände und Gewerkschaften der Piloten auf europäischer Ebene und vertritt die Piloteninteressen gegenüber den zuständigen EU-Organen. Der Verband wurde 1991 gegründet und beheimatet inzwischen nicht nur mehr als 30 Pilotenverbände aus EU-Mitgliedsstaaten, sondern darüber hinaus auch assoziierte Verbände, wie z.B. die Pilotenverbände aus Israel und der Türkei.

20.08.2020 Internationales von Tanja Harter, Arik Zipser

Flaggen in Brüssel

© Pixabay / NakNakNak

Als Kandidaten der VC wurden wir beide, Tanja Harter und Arik Zipser, als Teil des siebenköpfigen ECA-Vorstands für den Bereich Berufspolitik gewählt und nutzen seitdem die Gelegenheit, an dieser Stelle über verschiedene Themen, Ansprechpartner und Wirkungsmöglichkeiten zu berichten.

FDL-Neuregelung und B737 Max

Mit besonderer Aufmerksamkeit, und durchaus guter Medienwirkung, bündelte die ECA die EASA-Initiative zur Neuordnung der Flugdienstzeiten FTL. Diese beinhalten nun ein Fatigue Management, bei dem die Pilot Reports eine wichtige Rolle spielen. Im März 2019 wurden die Regeln europaweit vereinheitlicht und eine Studie abgeschlossen. Nun gilt es, Ergebnisse der Studie und die Beseitigung bekannter Schwachstellen in der Regelung, u.a. in deren Auslegung, aufzunehmen.

Im März 2019 wurde die Boeing 737 Max weltweit gegroundet. Damit begannen umfangreiche Diskussionen über die Rolle der EASA bei der Zertifizierung und die nötige Verbesserung für eine Wiederzulassung. Hier konnte die ECA fachliche Eingaben machen und eine Umstrukturierung des europäischen Zulassungsprozesses begleiten. Dies obwohl Pilotenarbeitsplätze dadurch auf den ersten Blick gefährdet schienen, jedoch die langfristigen Folgen unzureichender Zulassungsvorgaben auf die Bedeutung der Piloten bei Problemlösungen deutlich einschneidender gewesen wären. Ein entscheidender Beitrag konnte weiterhin bei den Trainingsvorgaben durch die Expertise der ECA Training and Licensing Working Group geleistet werden.

Nach der Europawahl im Herbst 2019 richtete die ECA ein Angebot zu einem Simulatorflug an Abgeordnete des Europäischen Parlaments. Ziel war es, unseren Beruf und auch das „drumherum“ sozusagen in seinem natürlichen Umfeld vorzustellen. Briefing, Flugplanung und Flugdienstzeiten waren Bestandteil des Simulatorbriefings, bevor es dann nach einer Kurzeinweisung in den Simulator zum „Pattern“-Fliegen ging. Dieses erstmalige Angebot der „Aviation Academy“ fand im Oktober 2019 statt, wurde sehr gut aufgenommen und überzeugte ganz ohne „Abnormals“ auf ganzer Linie die Entscheidungsträger über die zukünftige Gestaltung der Luftfahrt in Europa.

Im Frühjahr dieses Jahres folgte dann der Antrittsbesuch einer ECA-Delegation bei der neuen Kommissarin für Transport, Adina Valean. Dabei kamen Themen wie „Bogus Self-Employment“ und die Herausforderungen im Pilotentraining genauso zur Sprache wie das große Thema Umweltschutz.

Drohnen und Informationen über Krisengebiete

Gefahren für die Zukunft des bemannten Flugbetriebs lauern ebenfalls durch die Sympathie Einzelner in der EU-Kommission und der EASA für neue Flugobjekte, z.B. Drohnen und Volocopter. Hierbei erinnert ECA immer wieder daran, dass der Luftraum bereits aufgeteilt und besetzt ist, u.a. durch spontane Flugeinsätze im Rettungsbereich, die sich den Luftraum mit schwer erkennbaren Drohnen teilen sollen. Das bekannte „see and avoid“ reicht dafür keineswegs. Unter dem Einfluss von Marktprognosen und Geschäftsfeldvisionen wird ein großer Druck auf die etablierten Luftraumnutzer ausgeübt, ohne dass es einen Nachweis für ein vergleichbares Sicherheitsniveau der aufstrebenden Nutzungspotenziale gibt.

Move Henrik Hololei und Arik Zipse
EU GD Move Henrik Hololei und Arik Zipser zur "Joint Declaration on the future of the Single European Sky".

Ein weiteres Zuständigkeitsfeld der EASA ist die Bereitstellung von Informationen über Krisengebiete, die „Conflict Zone Information“. Dies wurde besonders aktuell nach dem Abschuss des Ukraine International-Fluges PS752, der die ECA, im Schulterschluss mit der VC, zu weitergehenden Forderungen zur Verbesserung der Informationslage und Entscheidungen von nationalen und internationalen Behörden zu Flugverboten veranlasste.

Für den Informationsaustausch und die Interessenvertretung ist die ECA Teil des „EASA Stakeholder Advisory Boards“, bei dem wir u.a. zu den genannten Themen Einfluss ausüben können.

Über diverse Arbeitsgruppen gibt es auch Entsendungen in die unterschiedlichen „Rule Making Tasks“, wo, wie der Name vermuten lässt, Vorschläge zu den Gesetzen für den europäischen Luftverkehr erarbeitet werden.

Große Themen hier sind Änderungen im Training: EBT - in manchen Flugbetrieben bereits angekommen - wird nun regulativ in die nächste Runde gehen. Aber auch die Bereiche Reduced Interoperability und – vielleicht DAS Thema für die Zukunft unseres Berufes – Redcuced Crew Operation (RCO) werden uns hier mittelfristig beschäftigen.

v.l.n.r: Philip von Schöppenthau (ECA Secretary General), Adina Vălean (EU Verkehrskommissarin), Tanja Harter (ECA Technical Affairs Director) und Otjan de de Bruijn (ECA Vice President)
v.l.n.r: Philip von Schöppenthau (ECA Secretary General), Adina Vălean (EU Verkehrskommissarin), Tanja Harter (ECA Technical Affairs Director) und Otjan de de Bruijn (ECA Vice President)

in weiteres, im vergangenen Jahr geradezu omnipräsentes, Thema ist auch bei der EASA (und ECA) der nun erfolgte Brexit und seine Auswirkungen auf den Luftverkehr und die entsprechenden Regularien in Europa.

„Fly as filed“ und Coronavirus

Ähnlich verhält es sich mit Gremien bei Eurocontrol. Die zentrale Verkehrsleitung der europäischen Flüge fiel im Sommer 2019 durch Vorgaben zur strikten Einhaltung von Flugplänen auf, dem „Fly as filed“. Dies sollte zwar nicht kurzfristige Abweichungen aufgrund von Wetter und Performance umfassen, wurde jedoch nicht immer richtig verstanden. Und es widersprach sich mit der aktiven Rolle der Piloten, u.a. vorgegeben durch die OMs der Fluggesellschaften bei Optimierungen während des aktuellen Fluges. Auch wenn die Verlagerung von Routen aufgrund von Kapazitätsengpässen bei der Luftverkehrskontrolle nötig sind, muss es in der Hand der Piloten und Controller bleiben, Abkürzungen und Optimierungen zu erlauben.

Aktuell erreicht das Coronavirus und dessen Auswirkungen den Vorstand der ECA. Neben der Absage der jährlichen internationalen IFALPA Konferenz (ursprünglich in Singapur geplant) werden Handlungsempfehlungen für die Vorstands- und Arbeitsgruppentreffen zusammengestellt, bei der Vertreter aus allen europäischen Ländern zusammen kommen.

Weitere Informationen auf der ECA Website https://www.eurocockpit.be/ und über den Jahresbericht https://www.eurocockpit.be/annual-reports